Auswirkungen visueller Defizite
Die Geschichte
Wir sind Funktionaloptometristen der ersten Stunden und möchten Ihnen gerne auf dem Hintergrund unserer Erfahrung die Entstehung und Entwicklung der Funktionaloptometrie im deutschsprachigen Raum beschreiben.
1992 hieß die Funktionaloptometrie noch Verhaltensoptometrie. Hergeleitet war dies von dem Begriff Behavioral Optometry, wie die Funktionaloptometrie auch heute noch im englischsprachigen Raum heißt. Ihren Ursprung hatte sie in den 1920er Jahren in New York, wo der Augenarzt William Horatio Bates ein nach ihm benanntes Augentraining entwickelte.
Der Begriff Verhaltensoptometrie implizierte, dass das Verhalten eines Menschen für seine visuellen Fähigkeiten verantwortlich ist. Dies war damals auch das Hauptaugenmerk in der Verhaltensoptometrie: Es wurde viel Aufmerksamkeit darauf gelegt, ob das Verhalten der Person die visuellen Defizite verursachte.
Im Verlauf der letzten fast 30 Jahre hat sich zum einen das Verhalten der Menschen (bezogen auf das Sehen) deutlich von dem entfernt, was sinnvoll ist, zum anderen sind die Abweichungen zum normal funktionierenden System deutlich höher geworden, damit auch die Vorgehensweise zwangsläufig deutlich komplexer.
Auch deshalb verwenden wir unterschiedlichste Vorgehensweisen in den Testverfahren und bei den Augentrainings.
Mitte der 90er Jahre wurde auf Anregung der Wissenschaftlichen Vereinigung für Augenoptik und Augen-Optometrie WVAO die Bezeichnung Verhaltensoptometrie geändert in Funktionaloptometrie. Der Grund für die Umbenennung war u.a., dass man nicht den Eindruck vermitteln wollte, das optometrische Training würde einer psychologischen Therapie ähneln.
2013 wurde die Funktionaloptometrie in die Arbeitsrichtlinien des ZVA (Zentralverbands der Augenoptik und Augenoptometrie) aufgenommen, womit dieser Fachbereich offiziell dem Arbeitsfeld der Augenoptikermeister hinzugefügt wurde.
2018 wurden die Arbeitsrichtlinien des ZVA erneut angepasst und die Funktionaloptometrie wird dort jetzt als Sehfunktionstraining beschrieben. Diesen Begriff empfinde ich als sehr viel verständlicher als den Begriff Funktionaloptometrie, weil er besser beschreibt, was ich mache: Ich trainiere die Funktionen des Sehens.
Voraussetzung zur Ausübung
Rechtlich betrachtet darf jeder, der unter die Arbeitsrichtlinien des ZVA fällt (z.B. Augenoptikermeister) Funktionaloptometrie anbieten. Unserer Ansicht nach ist es natürlich sinnvoller, das Angebot eines geprüften Funktionaloptometristen in Anspruch zu nehmen. In unseren Augen ist außerdem eine permanente Fortbildung in diversen Bereichen (wie z.B. der kindlichen Entwicklung etc. ) notwendig, um sich ein allumfassendes Bild der jeweiligen Lebenssituation des Klienten machen zu können. Auch, damit wir eine weiterführende Behandlung, z.B. bei einem Osteopathen oder Kieferorthopäden empfehlen können.
Einige Auswirkungen visueller Defizite
Wir beobachten bei Problemen im Sehen sehr häufig folgende Auswirkungen:
Bei Kindern / Heranwachsenden
- Schulprobleme beim Lesen, Schreiben, Rechtschreibung (LRS, Legasthenie, Dyslexie), Mathematik (Dyskalkulie)
- allgemeine Konzentrationsschwächen
- Verhaltensauffälligkeiten
- Kopfschmerzen, Migräne
- Verspannungen, rezessive (immer wiederkehrende) Haltungsauffälligkeiten
- Lichtempfindlichkeit
- Probleme beim Autofahren (Übelkeit)
- zeitweilig auftretendes Schielen
Und einige andere, die teilweise unspezifisch sind.
Bei Heranwachsenden / Erwachsenen
- Doppelbilder
- allgemeine Belastungsbeeinträchtigungen (Schmerzen, Druck im Augen / Stirnbereich)
- langsame Lesegeschwindigkeit
- schlechte Sinnentnahme
- Schwindel, Höhenangst
- Kopfschmerzen, Migräne
- Verspannungen, rezessive (immer wiederkehrende) Haltungsauffälligkeiten
- Lichtempfindlichkeit
- Probleme beim Autofahren (Übelkeit)
- zeitweilig auftretendes Schielen
Und einige andere, die teilweise unspezifisch sind.
All diese Probleme sind nicht isoliert als visuelle Probleme zu sehen, sondern unter ganzheitlichen Gesichtspunkten in Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen.
Basierend auf diesen Erkenntnissen sind in den letzten Jahren verschiedene Methoden entwickelt worden, die weit über die Vorgehensweise in der Funktionaloptometrie hinausgehen.
Ursachen visueller Defekte
Man vermutet heute die Ursachen für visuelle Defizite in unterschiedlichsten Bereichen.
Von pränatalen (vorgeburtlichen) Einflüssen über Entwicklungsverzögerungen (allgemein und / oder visuell) bis hin zu veränderten Lebensbedingungen (bei Kindern: weniger Bewegung, viele digitale Medien; bei Erwachsenen: Bildschirmarbeitsplatz, allgemein sehr belastendes Leben / Stress) könnte man hier die Liste der vermuteten Ursachen unendlich lang fortführen.
Der entscheidende Punkt ist, dass durch Training alle nicht-krankhaften Veränderungen des visuellen Systems weitestgehend auf den Normalstand gebracht werden können.
Vorgehensweisen
Ich erarbeite für meine Klienten ein Trainingsprogramm (basierend auf der Sehanalyse und den regelmäßigen Kontrollen während des Trainings), welches individuell auf den Anwender angepasst ist.
Oft ist ein rein funktionaloptometrisches Training nicht ausreichend erfolgversprechend, weshalb die Funktionaloptometrie nur ein Bestandteil der gesamten Vorgehensweise ist. Ich bediene mich auch vieler anderer Maßnahmen, z.B. lerntherapeutischer und arbeitsplatzökonomischer .
Was die Funktionaloptometrie einmalig macht, ist, dass aktiv an den Defiziten gearbeitet wird und dass gelernt wird, die Augen wieder richtig zu steuern und die Bilder richtig zu verarbeiten.